Liste der Blogbeiträge
Nun liege ich also wieder hier in meinem Schlafzimmer, als hätte sich nichts geändert, wo sich doch alles geändert hat. In Socken und Unterhosen, neben mir maunzt der kleine Kater, was den großen nur zu einem müden Aufschauen provoziert. Muddy Waters spielt den Blues gegen oder für das ganze Universum und am Ende haben wahrscheinlich doch all jene Recht, die meinen, dass es immer weiter gehe.
Auch hier. Und das ist gut so. Baby please don't go down to New Orleans.
Nun sitze ich also wieder hier in meinem Büro im Süden, als hätte sich nichts geändert, wo sich doch alles geändert hat.
Und wie ich über die Alb fahre, mein Auto aus dem langen Taleinschnitt nach oben keuchen lasse durch eines der sterbenden Straßendörfer, die wenigen Schaufenster ebenso blank geputzt wie leer, da komme ich der Heimat näher. Ein Dorf noch, und oft werde ich hier überholt von Eiligen, in der Rechtskurve vor einer Kuppe, von Lebensmüden vielleicht, auch wenn es noch immer gut ging, daß wir uns alle auf der Straße halten und an den Feldkreuzen vorbeimogeln konnten. Über die Kuppe dann, ich nehme den Gang heraus, ich kenne die Straßen hier im Schlaf, lasse die Schwerkraft ihr Werk tun durch die Senke, weil die Kurve darin gerade so die Geschwindigkeit verträgt, die mir der Hügel mitgibt. Ich rolle schwerelos, die Sonne steht fast quer über der Alb, und das Grüngelb der Felder verwandelt sich in eine unbeschreibliche Farbe, der Duft der Alb wird zu süßem Nektar, der durch die offenen Fenster hereinquillt, Bryan Adams fängt hinter dem Glitzern des Keyboards an, vom Besten zu erzählen, das noch vor uns liegt. Die Sonne, die Farben, ich kann nicht aufhören zu schauen und nicht anfangen, Worte zu finden, ich bin der Blinde, dem ein Gott die Augen öffnet, für einen kurzen Moment, der die Unendlichkeit einer Ewigkeit erträglich machen kann. Eine Halle links, zwei Häuser rechts, eine Allee von Birken, die in den Wald führt. Ich lenke längst nicht mehr, das habe ich hier wohl nie getan, und vielleicht kann man im Himmel ja nur einem Gott das Steuern überlassen. Ich komme nach Hause, denke ich, tauche in den Waldschatten ein und bin wie immer sicher, daß ich auch die letzte Strecke noch hinter mich bringen werde, mit Blick auf meinen Hausberg, den schroff in die Landschaft ragenden, den auch eine Eiszeit nicht wegwischen konnte. Der Fels ist voll Kalk, er hält kein Wasser, er ist scharfkantig und hart und nährt doch den alten Wald auf seinem Buckel und die paar Seelen, die in seinem Schatten eine Heimat haben.
Wenn ich an einem ganz bestimmten Platz im Zug nach Hause sitze, in der oberen Etage und entgegen der Fahrtrichtung, dann sehe ich abends für ein paar Augenblicke die Donau glitzern. Ich sehe Menschen auf den Sandbänken sitzen und die Füße ins Wasser halten. Und ich sehe eine Brücke, unter der wir hindurch huschen. Sie bildet mit anderen Brücken und den ganzen Zugängen ein wildes Gewirr, und auf allen sehe ich Menschen laufen, radfahren, stehen. Und für einen einzelnen Augenblick, viel kürzer, als ich die Donau sehe, streift mein Blick ein Matratzenlager, geschickt angelegt in einem Winkel zwischen Pfeilern und Büschen. Und ich stelle mir dann vor, ich wäre derjenige, der hier seinen Schlafplatz hätte, wäre tagsüber unterwegs in der Stadt und abends hier draußen, wo die Züge vorbeihuschen. Und ich würde auf diesen Zug schauen, in dem jemand geschickt sitzt und aus dem Fenster schaut, ein müder Mann, nicht jung, nicht alt, mit ziellosem, geradem Blick. Uns trennen zehn Meter, uns trennt eine Welt.
Wenn Sie zum Ende dieses Monats einen sehr lauten Freudenschrei vernehmen, dann habe ich ein Semester überstanden.
Where mermaids drown, Wander und Fargo im UT Connewitz. Unfassbar großartig. Von der ersten bis zur letzten Note ein Verpacktwerden in Action.
Noch nie einer phänomenalen Veranstaltung beigewohnt. Das UT Connewitz ist aber auch eine großartige Location!
»Beau is afraid«: 3 Stunden Joaquin Phoenix im englischen Original im Passage-Kino. Film des Jahres für mich. Nach »The Master« der zweite Film mit ihm, der von gebrochenen Menschen in Situationen fortgesetzten Machtmissbrauchs handelt. Hier ist es Beaus Mutter und eine kranke Gesellschaft, die zusammen und gegeneinander in einer Welt ohne Vergebung leben. Gerechtigkeit gibt es keine, nur ein absurdes Spiel von Anklage und Verteidigung, von Vorwurf und zu leeren Ritual gerinnender Entschuldigung, an dessen Ende das Strafen wartet. Aufwühlend, berührend, durch Tränen und Grausen belustigend. Die menschliche Komödie. Das wahre Herz der Finsternis. Siehe auch die sehr passende Filmkritik von Filmfutter.com
(Trauen Sie dem Trailer nicht!)
Es ist tatsächlich so, daß ich Dinge lerne, indem ich sie vorbereite. Ich lese dreierlei Bücher, stelle mir Fragen, male mir Bilder. Ich lerne ganz klassisch. Ich lerne langsam, aber ich lerne. Daran hatte ich Zweifel, nun bin ich mir sicher. Leider bin ich mir auch sicher, daß ich viel zu langsam lerne. Sonst säße ich nicht lernend hier, an einem Sonntagabend. Andererseits saß ich an einem anderen Tag auf einem Walzfahrzeug, und wieder an einem anderen auf einem Fahrrad. Es ist schon recht so, wie es ist.