Mikrobi

Klagefall & Texas-Jim & Hulot

Beitrag vom 28. Februar 2023 – 14:26 Uhr

Ich habe diese Woche eine ganz nette Zeit damit verbracht, mich über einen Artikel in der Tagesschau zu mokieren, der das Oberbecken eines neuen Pumpspeicherwerks in Portugal als gigantisch beschrieb mit seinen vierzig Kubikmetern, denn das seien immerhin vierzigtausend Liter. Die Autorin war hin und weg, schrieb atemlos begeistert von den fast vierundzwanzig Stunden, die der Großraum Porto dadurch mit Ökostrom versorgt werden könne. In einer Bildunterschrift geriet sie vor Begeisterung mit den Einheiten durcheinander, sodaß durch die Turbinen des Kraftwerks einmal vierzigtausend Liter und ein andermal vierzigtausend Kubikmeter je Sekunde fließen sollten. Vierzig Kubikmeter, damit kann vermutlich jeder etwas anfangen, der schon einmal seinen Wasserzähler abgelesen oder sich für eine Badewanne interessiert hat. Und für einen Durchfluss dieser Menge, so albere ich andernorts herum, bräuchte es bei einer Fließgeschwindigkeit von zehn Metern je Sekunde ein Röhrchen von gerade einmal viertausend Metern Durchmesser - wer würde den fleißigen Wasserbauern in Portugal ein solches denn nicht zutrauen? Im Laufe des Tages wurde der Artikel mehrfach verschlimmbessert, es wurden also Zahlen ausgetauscht, ohne daß jemand diese oder deren Sinn verstanden hätte. Vierzigtausend Kubikmeter war das Oberbecken dann plötzlich groß, wogegen ich meine grobe Schätzung von zwölf Millionen Kubikmetern, ausgehend von einem Forschungsbericht, der Fallhöhe und gespeicherte elektrische Energiemenge nannte, stellte. Am späten Abend dann tauchten dreizehnkommasieben Kubikhektometer im Text auf, ganz ehrlich. Da hatte man wohl mehr Lust auf Pedanterie als auf Verständlichkeit, denn der Kubikhektometer ist zwar eine korrekte, aber die Million Kubikmeter vermutlich doch die deutlich gängigere Einheit. Beides ist übrigens gleich, und vielleicht hat sich doch jemand derart die Finger an diesem Artikel verbrannt, daß man auf weitere wilde Umrechnungen lieber verzichtete. Oder keine Lust mehr hatte, der Artikel war schließlich längst Stunden alt, wer wird denn das noch lesen, wen soll so eine Kleinigkeit schon kümmern, das ist doch sicher nur etwas für diese seltsamen Ingenieure, statt für die promovierte Geisteswissenschaftlerin, die am Sonntag auch noch anderes zu tun hat, als sich um ihre Niederschrift von gestern zu kümmern. Neuer Tag, neue Startseite, vielen Dank für Ihre Gebühren. Daß sie ganz nebenbei noch den guten Herrn Bernoulli zum Weinen brachte, als sie ganz selbstverständlich die kinetische Energie in der Turbine wandeln wollte, und den Herrn Euler gleich dazu, nun ja. Ein kleiner Aufstand gegen das Patriarchat, vielleicht, und dadurch zwar nicht richtiger, aber immerhin zur guten Tat veredelt. Leider lassen sich die oben erwähnten Gebühren für derartigen Unsinn noch nicht durch das Argument begleichen, daß eine theoretische Empfangsmöglichkeit anstelle einer tatsächlichen Zahlung doch ausreichend sein müsste. Aber vermutlich müssen wir froh sein, daß wir nicht noch einen Mindestkonsum an nachrichtlichem Blödsinn nachweisen müssen, um die Tätigkeit der Anstalten zu rechtfertigen.