Mikrobi

Klagefall & Texas-Jim & Hulot

Beitrag vom 26. März 2023 – 23:41 Uhr

Nun stand ich heute unter der Dusche mit dem Gedanken, daß ich mein Leben gern wie mein Handtuch hätte: Groß, warm und rauh. Und wenn es geht, lieber mit Kühen drauf als künstlichem Blümchenduft.

# Auch noch so viele Filmpreise begeistern mich nicht für Kriegsfilme, wie mich die Kriegsfilme nicht für den Krieg begeistern. Ich bin als Kind in den Topf mit Reinhard Mey gefallen, tut mir leid.

# Nur mein Kampf mit Wellrohren, die sich um keinen Preis entwirren oder mit Kabeln füllen lassen wollen, der kommt mir deutlich weniger schlimm vor nach solchen Filmen.

# In der ganzen Freude mit der neu erworbenen Diamantscheibe fällt mir auf, daß ich mit dem Winkelschleifer dann doch mittlerweile ein kleiner Künstler geworden bin. Ich kann vielleicht mit einer Tausend-Euro-Säge keinen Millimeter treffen, doch mit dem Schleifer aus dem Handgelenk ein Zehntel. Leider besteht eine Renovierung nicht ausschließlich aus Winkelschleifen, will man nicht in einem ausgehöhlten Kalksteinblock wohnen. Bei mancherlei notwendigen Arbeiten erscheint mir das jedoch eine durchaus ansprechende Alternative.

# Ich mache ein Bild der Szene, vor der ich im Staub auf dem Boden knie. Ein tiefer Graben im Fußboden, an dessen Ränder ich die großen Fliesen schneide, um sie vorsichtig abzunehmen. Um mich Staub, ein Scherenhammer, ein scharfer Meißel mit Handschutz für Leute wie mich, die weniger Gedanken ans Zielen verschwenden, als Gewalt in den Schlag zu legen, der kleine, tapfere Schleifer mit der neuen Diamantscheibe auf dicken Lederhandschuhen liegend, die ich wohl bereitgelegt hatte, um sie dann doch nicht zu tragen. Das Zielen, wissenschon. Stattdessen mache ich ein Bild mit dem eingestaubten Telefon, um festzuhalten, was ich durch die eingestaubte Brille kaum erkennen kann. Alles fliest, schreibe ich irgendwo dazu, doch es beißt mich gleich bitterlich, daß selbst dieser kleine Wortscherz im Nebel der Schlechtschreibung vergehen wird. Alles zu Staub, und ich schaue mich um, auch das passt wohl.

# Das Finanzamt schickt mir strafbewehrte Aufforderungen, Formulare auszufüllen, die nicht an mich gerichtet sein können, denn habe ich wohl einen Körper und bin doch keine Körperschaft. Vermute ich zumindest, Kafka ist dem Finanzamt ja nicht allzu fern. Außerdem erhalte ich Mahnungen für Zahlungen, die mir unbekannt sind, und deren Säumniszuschlag der Berechnung auf dem Beilegblatt überhaupt nicht entspricht. Außer, das Finanzamt rundet ab, indem es aufrundet. Meinen Grundsteuerbescheid jedoch, und genauso die Steuererklärung aus dem Jahre 2021, bekomme ich nicht. Stattdessen bekomme ich per gesondertem Bescheid mitgeteilt, daß ich noch dreiundfünfzig Euro Solidaritätszuschlag zu entrichten habe. Worauf, teilt man mir nicht mit, und ich zahle einfach, weiß ich doch um die Finanznot des Landes und darum, daß Solidarität derzeit einen erneuten Bedeutungswandel erfährt. Klatschen war billiger, fürchte ich.

# In einer Radiosendung wird diskutiert, ob ein Verein bei einer Veranstaltung noch Kuchen verkaufen darf, wenn Kinder zugegen sind, und man meint das durchaus ernst in dieser Sendung, die sich um ein Werbeverbot an der Zielgruppe Kind dreht, und man möchte diejenigen, die solche Gesetze schreiben, glatt mit Kuchen bewerfen.

# Noch mehr Gesetzesvorschläge treffen derzeit die Heizungen - die sollen ja zukünftig mit Strom betrieben werden, schreibt man in den Zeitungen, und das Gesetz sieht angeblich eine Mindestnutzung von zwei Dritteln erneuerbarer Energien vor. Man wird sehen, wann jemandem auffällt, daß vornehmlich im Winter geheizt und wie zu zwei Dritteln im Winter Strom produziert wird. Es wird wohl laufen wie bei den Elektroautos, die von Gesetzes wegen emissionsfrei sind, auch wenn der Strom, ach weh. Mich stört ja nicht, daß man die Welt retten will, mich stört vielmehr, daß ich so schwer an Weltrettung per Gesetz glauben kann.

# Zehn Prozent, so tönt es allenthalben, der Weltproduktion allein für deutsche Bedarfe! Das könne nicht funktionieren, sagen sie, und da haben sie wohl sicher recht. Allein, bei den Kraftstoffspänen in anderer Leute Augen wollen sie es sehen, doch beim Ladebalken der Batterie im eigenen, da sind sie lieber blind genug, um mit dem Mehrfachen der Jahresproduktion für deutsche Bedarfe zu rechnen. Auch das, so fürchte ich, wird sich nicht ausgehen.

# Am Freitag war, soweit ich in die Zukunft blicken kann, mein letzter Tag mit einer Stempelkarte. Am Montag wird, soweit ich in die Zukunft blicken kann, meine letzte Urlaubswoche anbrechen. Es soll wohl die ganze Woche regnen, sagen sie.

# Ein kegeliges Teil konstruiere ich, mit mehreren Durchdringungen, und ach, was täte ich ohne den Spaß am Irrsinn.

# Noch mehr Irrsinn aus dem Bereich der Zahlungen: Ich kann mit Handwerkern aller Gewerke in jedem beliebigen Verhandlungszustand erreichen, daß jede Vereinbarung vergessen und ungültig wird. Ein simpler Lüfter, zu dessen Einbau ich jemanden beauftrage, wird nie bestellt und somit auch nie eingebaut. Mitgeteilt bekomme ich das nach mehreren Anrufen ganz beiläufig. Eine Besichtigung, bei der ich wichtige Details erfragen will, findet statt. Nur weder an dem Ort mit den Details, noch zu der vereinbarten Zeit, sodaß weder die Details noch ich zugegen sind. Eine Kleinigkeit, die ein etwas spezielles Werkzeug erfordert, verschiebt sich in obskure Zeiten, sodaß ich irgendwann froh bin, mit dem Winkelschleifer auf ein meterlanges Rundeisen sowohl eine Art Bohrfutter als auch eine Art Bohrspitze basteln zu können. Von Kleber, der mir auf die Schuhe tropft, statt dem mit Kleben Beauftragten, träume ich nun nachts. Für eine Küche wollte jüngst ein Handwerker eine Anzahlung, und weigert sich seitdem beharrlich, mir eine Bankverbindung zu nennen oder Bargeld anzunehmen. In meiner Verzweiflung biete ich an, sein Auto zu waschen, und zur Not trage ich dabei sogar einen Bikini. Allein, man möchte nicht mit mir handeln, wie es scheint. Und es gelingt mir weder, eine Wohnung zu mieten, noch zu erwerben - weder durch Anschreiben noch durch Anrufe lassen sich Verkäufer, die sich viel Mühe mit ihren Anzeigen gegeben haben, zu irgendwelchen Terminen überreden. Nicht zuletzt genannt diverse Ärzte, die mir Briefe versprachen, die nie geschrieben werden. Ich wäre ja lieber fürs Finanzamt unsichtbar, aber daß niemand auch nur den kleinsten Handel mit mir treiben will, ist neu. Vermutlich löst sich demnächst ein Supermarkt in Luft auf, wenn mir das nächste Mal nach Lebensmitteln ist, und eine Bäckerei entschwindet im Nichts, wenn mir das Brot ausgeht. Kaufe ich mir halt eine Kuh, denke ich, bis zur letzten Kaffeebohne.